Lesen, was die Nachbarn schreiben: Brygida Helbig „Kleine Himmel“
Diskussion & Lesung,
Uhr
13507 Berlin, Humboldt-Bibliothek Tegel, Karolinenstr. 19 · (U6 Alt-Tegel, S25 Tegel)
Wir laden Sie herzlich zu einer Lesung mit Brygida Helbig ein. Ein Roman, der die Irrungen der deutsch-polnischen Geschichte im 20. Jahrhundert beschreibt. „Lesen, was die Nachbarn schreiben“, ist eine Veranstaltungsreihe zum 50. Jubiläum der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Berlin e. V.
Vor dem Hintergrund der Vertreibung, der Flucht und der Gewalt sowie durch die Schilderung der Schicksale ihrer Vorfahren, die einerseits aus den polnischen Ostgebieten kamen (und später nach Kasachstan deportiert wurden), andererseits aus dem Südwesten Deutschlands stammen, gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Galizien angesiedelt wurden und seitdem unter polnischen, jüdischen und ukrainischen Nachbarn lebten, präsentiert Brygida Helbig grandios einen Mix von Schicksalen und Kulturen in einem nur scheinbar homogenen Land.
Willi, der galiziendeutsche Halbwaise, 1939 in den Warthegau umgesiedelt, kommt nach dem Krieg in das nun polnische Stettin. Er heiratet die ebenfalls aus ihrer ostpolnischen Heimat vertriebene Basia, die 1941 als Sechsjährige von den Sowjets nach Kasachstan verschleppt worden war. Ein neues Leben soll beginnen, aber die Vergangenheit lässt sie nicht ruhen. Davon erzählt uns Zuzanna, ihre Tochter, die erst spät ihre väterlichen Wurzeln entdeckt und inzwischen in Deutschland lebt, aus der Sicht einer Migrantin, deren Vater Deutscher und Pole zugleich ist und deren Eltern beide Flüchtlinge und Umsiedler waren, nur aus unterschiedlichen „Lagern“.
Was sind Galiziendeutsche und wo lebten sie? Was macht ein Hitlerjunge, wenn seine Mutter sich in ihren polnischen Knecht verliebt? Wie überlebt man in einer Erdhütte in Kasachstan und was sind „Tschastuschki“? Anworten auf diese Fragen sind im Roman „Kleine Himmel“ von Brygida Helbig zu finden. Es ist die deutsche, etwas modifizierte Fassung des Romans „Niebko“. In wunderbar poetischer, warmer und ironischer Sprache nimmt uns Brygida Helbig mit auf die Suche nach den Wunden und verborgenen Schätzen ihrer Wurzeln, eingebettet in die Nachbeben mitteleuropäischer Geschichte. Eine neue Stimme der 1960er-Generation die unsere tradierte Überlieferung in Frage stellt.
Brygida Helbig, geboren 1963 in Szczecin, ist Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin. Sie lebt seit 1983 in Deutschland. 2004 habilitierte sie sich an der HU Berlin mit der Monographie Ein Mantel aus Sternenstaub über Maria Komornicka (2010). Ihr Roman Niebko wurde für den Literaturpreis Nike nominiert (2014) und erhielt die Goldene Eule (2016). Auf Deutsch sind ihre satirischen Prosabände Ossis und andere Leute (2016) und Engel und Schweine (2016) erschienen. Brygida Helbig macht keinen Hehl daraus, dass ihre literarischen Texte verfremdete biographische Details enthalten. Sie ist seit 2023 Geschäftsleiterin des Polonia-Büros in Berlin.
Aus dem Polnischen von Natalie Buschhorn.
Begrüßung und Einführung: Anita Baranowska-Koch
Moderation: Dorota Danielewicz
Musikalische Begleitung:
Gesang: Katarzyna Dondalska mit zwei ihrer Studentinnen an der Kunstakademie Stettin
Begleitung am Flügel: Martin Eckenweber, Musikschule Reinickendorf
Wir danken für die freundliche Unterstützung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Dezentralen Kulturarbeit Reinickendorf.
Eintritt: 8 €/ermäßigt 5 € (Mitglieder der DPG Berlin zahlen den ermäßigten Eintritt)
Veranstalter:
Förderer:
Rahmenveranstaltung
- 13.10. – 01.12.2023: Film, Lesung Veranstaltungsreihe: Lesen, was die Nachbarn schreiben